Auf europäischer Ebene regelt seit fast 30 Jahren die Verpackungsrichtlinie 94/62/EG das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die Verwertung von Verpackungen in der Europäischen Union. Die neue EU-VerpackungsVO ist Teil des neuen EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft, und dieser ist Bestandteil des European Green Deals, mit dem die Wachstumsstrategie für eine ressourceneffiziente und saubere Wirtschaft gefordert werden soll.
Die Umsetzung als Verordnung, anstatt wie bisher als Richtlinie, soll mehr Verbindlichkeit für die Mitgliedstaaten und deren Wirtschaftsteilnehmerbringen. Mehr Einheitlichkeit in der EU im Gegensatz zu teils sehr unterschiedlichen Regelungen soll durch eine europaweite Harmonisierung erreicht werden. Dies soll zu effizienteren Abläufen im Binnenmarkt für verpackte Güter und zu transparenten Rahmenbedingungen für alle Betroffenen fuhren. Ob diese Ziele erreicht werden, bleibt allerdings abzuwarten, da die Verordnung den Mitgliedstaaten leider viel Spielraum bei der nationalen Ausgestaltung bzw. Anwendung mancher Vorgaben lässt.
Ziel der neuen Vorschriften ist es, entsprechend der Abfallhierarchie das Aufkommen von Verpackungsabfällen zu reduzieren. Die Regelungen zu z.B. wiederverwendbaren Verpackungen, zum Verbot unnötiger Verpackungen oder zur recyclingfähigen Gestaltung von Verpackungen sollen zur Unabhängigkeit von Primärrohstoffen und zur Klimaneutralität der Verpackungsbranche bis 2050 beitragen.
Die Trilogverhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament wurden Anfang März 2024 abgeschlossen und der abgestimmte Text am 15.3.2024 von den Ständigen Vertretungen des Rates sowie am 24.4.2024 vom EU-Parlament bestätigt. Die weiteren vorgesehenen Schritte sind Beschluss beim Umweltrat (voraussichtlich Ende 2024) und Veröffentlichung im EU-Amtsblatt. Danach soll die Verordnung nach einer 18-monatigen Übergangsfrist angewandt werden.
Inhalte der Verordnung:
Nachhaltigkeitsanforderungen von Verpackungen ab 1.1.2030
Ab 1.1.2030 müssen alle Verpackungen recyclingfähig gestaltet sein und ab 2035 nach vorgegebenem Mindestvorgaben gesammelt, sortiert und recycelt werden. Zusätzlich werden Leistungsstufen für die Recyclingfähigkeit von A (Recyclingfähigkeit ≥ 95%) bis C (Recyclingfähigkeit ≥ 70%) eingeführt. Liegen Verpackungen unter der Leistungsstufe C, so gelten diese als nicht-recyclingfähig und dürfen ab 2030 nicht mehr auf dem EU-Markt in Verkehr gesetzt werden. Jedoch gibt es für zahlreiche Verpackungsanwendungen Ausnahmen bzw. Übergangsfristen. Die Leistungsmerkmale für Recyclingfähigkeit sollen auf Kriterien für die recyclingorientierte Gestaltung basieren, die in nachfolgenden Gesetzestexten detailliert definiert werden.
Consumer-Rezyklat (PCR) in Kunststoff-Verpackungen
Ab 1.1.2030 sieht der Vorschlag Mindestanteile an recyceltem Material in Kunststoffverpackungen vor. Diese werden ab 2040 gesteigert:
Es werden hier zahlreiche Ausnahmen vorgesehen u.a. für Verpackungen pharmazeutischer Produkte, medizinischer Produkte sowie für Verpackungen, deren Kunststoffanteile weniger als 5% ausmachen.
Ab voraussichtlich Anfang 2028 Verwendung von kompostierbaren Verpackungen
Teebeutel und Filterkaffeepads (Kapselsysteme sind davon nicht betroffen) sowie kompostierbare Klebeetiketten, die an Obst und Gemüse angebracht sind, müssen unter industriell kontrollierten Bedingungen kompostierbar sein.
Mitgliedstaaten können festlegen, dass diese auch für die Kompostierung zu Hause geeignet sein müssen. Die Vorgaben treten 36 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung in Kraft.
Bis 1.1.2030 Minimierung von Verpackungen
Erzeuger oder Importeure haben dafür zu sorgen, dass Verpackungen so gestaltet sind, dass Gewicht und Volumen unter Berücksichtigung der Form und des Verpackungsmaterials auf das zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit erforderliche Mindestmaß reduziert werden. Dazu wird eine Vielzahl an Leistungskriterien festgelegt, die bei der Bewertung Eingang finden.
Quotenziele für wiederverwendbare und wiederbefüllbare Verpackungen
Die Verordnung sieht verbindliche Quoten für unterschiedliche wiederverwendbare Verpackungen vor, mit einer indikativen Quotensteigerung ab 2040.
Mehrwegquote für Transport- & Verkaufsverpackungen
Ab 1.1 2030 gilt für Transportverpackungen und Verkaufsverpackungen, die für den Transport von Produkten im Hoheitsgebiet der Union einschließlich für den elektronischen Handel verwendet werden, eine Mehrwegquote von 40%. Für Transporte zwischen Unternehmensstandorten innerhalb der EU sowie zwischen Unternehmen innerhalb eines Mitgliedstaates sind ab 2030 generell Mehrwegverpackungen einzusetzen. Ausgenommen davon sind z.B. Kartonverpackungen oder Verpackungen für den Transport gefährlicher Güter.
Mehrwegquote für Getränkeverpackungen
Ab 1.1 2030 gilt für alkoholische und nichtalkoholische Getränke in Verkaufsverpackungen eine 10%-Mehrwegquote für den Endvertreiber. Davon ausgenommen sind u.a. Wein, Weinprodukte, Spirituosen, leicht verderbliche Getränke, Milch und Milchprodukte. Der Take-Away-Sektor soll künftig erlauben, dass Kunden selbst Verpackungen mitbringen und diese verwendet werden bzw. sollen auch Mehrwegverpackungen angeboten werden, dabei soll eine Quote von 10% ab 2030 angestrebt werden. Ab einer Verkaufsfläche von 400 Quadratmetern soll der Handel die Installation von Nachfüllstationen auf 10% der Fläche anstreben.
Reduktion von Verpackungsabfällen
Die Verordnung gibt zahlreiche Maßnahmen vor, um das Verpackungsabfallaufkommen in den nächsten Jahren zu reduzieren. Diese reichen von Abfallvermeidungszielen über Maßnahmen zur Verpackungsreduktion bis hin zu Verboten bestimmter Verpackungsarten.
Auswirkung der Verordnung in der Lieferkette
Auf Verpackungshersteller wird die Verordnung die größten Auswirkungen haben, da diese ihre Verpackungen auf die neuen Vorgaben zeitnah abstimmen müssen. Aber auch auf Importeure und Händler kommen neue Verpflichtungen zu. Diese müssen dafür Sorge tragen, dass die von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen den Vorgaben der Verordnung entsprechen bzw. diese bei etwaigen Verstößen aus dem Verkehr ziehen. Für die Abfallbranche bedeutet die Verordnung auch neue Aufgaben wie z.B. jene, Rezyklate in ausreichender Menge und Qualität herzustellen, damit die Vorgaben hinsichtlich der Rezyklat-Einsatzquoten erfüllt werden können.