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EU-Richtlinie zur Bodenüberwachung und Bodenresilienz

Am 5.7.2023 hat die EU-Kommission einen Entwurf für eine „Richtlinie über Bodenüberwachung und -resilienz“ vorgestellt. Hintergrund ist, dass mehr als 60% der europäischen Böden geschädigt sind und wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass sich die Situation weiter verschlechtert. Die nicht nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen der EU, insbesondere die Verschlechterung und Verschmutzung der Böden, ist als eine der Hauptursachen für die Klima- und Biodiversitätskrise identifiziert. Insbesondere die Bodenschädigung hat bereits Milliarden Euro gekostet – geschätzt mehr als EUR 50 Mrd. pro Jahr durch den Verlust wichtiger Ökosystemleistungen.

Grundlegendes Ziel des vorgeschlagenen Gesetzes ist es, dass sich bis 2050 alle Böden in einem gesunden Zustand befinden. Der Vorschlag enthält keine verbindlichen Ziele oder Grenzwerte oder direkte Verpflichtungen für Grundbesitzer und Nutzungsberechtigte Die Mitgliedstaaten müssen neben den umfassenden Bodenüberwachungs-Verpflichtungen Maßnahmen zur nachhaltigen Bodenbewirtschaftung und -regenerierung festlegen und die Sanierung kontaminierter Standorte fördern.

Stufenweiser Ansatz auf dem Weg zu mehr Bodengesundheit 2050

Das langfristige Ziel der Richtlinie besteht darin, bis 2050 gesunde Böden zu erreichen. Angesichts des begrenzten Wissens über den Zustand der Böden sowie über die Wirksamkeit und die Kosten der Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit der Böden verfolgt die Richtlinie als Zwischenschritt einen stufenweisen Ansatz. Dieser Ansatz soll den Mitgliedstaaten Zeit geben, die Mechanismen einzurichten, um zunächst den Zustand der Böden zu bewerten und dann über die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu entscheiden, sobald die Ergebnisse vorliegen.

Phase 1: Monitoring

Hier liegt der Schwerpunkt auf der Schaffung eines Rahmens für die Bodenüberwachung und der Bewertung der Situation der Böden in der gesamten EU. Sie enthält auch Anforderungen zur Festlegung von Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Böden und zur Regenerierung ungesunder Böden, sobald ihr Zustand festgestellt wurde, ohne jedoch die Verpflichtung aufzuerlegen, bis 2050 gesunde Böden zu erreichen, und ohne Zwischenziele festzulegen. Dieser verhältnismäßige Ansatz soll es ermöglichen, eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung und die Regenerierung ungesunder Böden gut vorzubereiten, Anreize zu schaffen und in Gang zu setzen.

Phase 2: Ziele, Grenzwerte, Maßnahme

Die Kommission wird, sobald die Ergebnisse der ersten Bewertung der Böden und der Trendanalyse vorliegen, eine Bestandsaufnahme der Fortschritte auf dem Weg zum Ziel für 2050 und der dabei gemachten Erfahrungen vornehmen und gegebenenfalls eine Überarbeitung der Richtlinie vorschlagen, um die Fortschritte bis 2050 zu beschleunigen. In dieser zweiten Phase werden dann voraussichtlich verbindliche Ziele, Grenzwerte und Maßnahmen festgeschrieben werden.

Definieren und beobachten

Die Gesetzgebung in dieser ersten Phase konzentriert sich auf die Festlegung einer „Definition der Bodengesundheit“ sowie einer „Regelung für die Überwachung der Bodengesundheit“. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Daten über den Zustand der Böden zu erheben und auf dieser Basis innerhalb von fünf Jahren gemäß einer EU-weit harmonisierten Vorgehensweise eine Bewertung zur Bodengesundheit zu erstellen. Zu den Parametern gehören Versalzung, Erosion, Kohlenstoffverlust, Verdichtung, Nährstoffüberschuss, chemische Verunreinigung und Wasserrückhalt sowie der Grad der Bodenversiegelung und des Flächenverbrauchs.

Sanierung kontaminierter Standorte

Die Mitgliedstaaten sind auch verpflichtet, einen „risikobasierten Ansatz“ zu verfolgen, um verunreinigte oder potenziell verunreinigte Standorte zu ermitteln, sie in ein Register aufzunehmen und sie zu sanieren, wenn sie „unannehmbare Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt“ darstellen. Es ist aber Sache der Mitgliedstaaten, selbst zu definieren, was ein unannehmbares, inakzeptables Risiko ist.

Aktueller Stand und nächste Schritte

Der RL-Vorschlag wurde in den vergangenen Monaten von EU-Parlament und Rat im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens diskutiert.

Das EU-Parlament hat in seinen Diskussionen klargestellt, dass Rohstoffvorkommen nicht als Boden iSd RL zu betrachten sind und Rohstofflagerstätten nicht in den Anwendungsbereich der RL fallen.

Im Rahmen der Diskussionen im Rat wurde die Definition der „Bodenzerstörung“ eingeführt, welche im ursprünglichen EK-Entwurf nicht enthalten war. Unter Bodenzerstörung ist jede vorübergehende oder langfristige Entfernung von Böden gemeint. Diese Definition könnte jegliche Wirtschaftstätigkeit, die – auch nur vorübergehend – eine Bodenbewegung vornimmt, erheblich betreffen, u.a. die Rohstoffgewinnung. Zudem ist auch in den Erwägungsgründen festgehalten, dass Bodenzerstörung“ v.a. bei Bauarbeiten, im Bergbau, Tagebau, in Steinbrüchen oder bei Abfallbeseitigungs- und Mülldeponien auftritt. Weiters sind Vorgaben vorgesehen, wie die Bodenzerstörung durch Minderungsmaßnahmen (reduzieren, minimieren, ausgleichen) aufgehalten werden muss. Damit würden auch Nutzungsfunktionen des Bodens – z.B. als „Rohstofflagerstätte“ – massiv eingeschränkt werden.

Der Fachverband war gemeinsam mit den europ. Dachverbänden Aggregates Europe-UEPG und EUROGYPSUM sowie national in der WKÖ und der Montanbehörde aktiv (Erstellung Positionspapiere, Gespräche der UEPG und der WKÖ mit Entscheidungsträgern). Gefordert wird, dass Rohstofflagerstätten und genehmigte Gewinnungsgebiete bzw. die Gewinnung von Rohstoffen vom Anwendungsbereich des Bodenüberwachungsgesetzes ausgenommen werden und Rohstoffe selbst nicht unter die Bodendefinition fallen.

Im Herbst 2024 starten die Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission.